Die erste Überraschung wartet gleich nach der Ankunft in Denver: Es ist 40 Grad warm! Und das Anfang Oktober. Damit hätte wirklich niemand gerechnet. Mit einer solchen Begrüßung ist der lange Flug von Frankfurt über Chicago bis hierher in die Hauptstadt des US-Bundesstaats Colorado doch gleich vergessen.

Die Reisegruppe übernachtet mitten  in Denver, im ehemaligen, zu einem Hotel umgebauten Gebäude des Hauptbahnhofs. Genauer gesagt: im „The Crawford Hotel“ in der Denver Union Station. Auch heute noch können hier Reisende mit dem Zug in alle Ecken der USA aufbrechen, doch hier ist es längst nicht so schmutzig, laut oder zugig wie an anderen Orten dieser Art. Es ist sogar erstaunlich gemütlich. 

 

Und auch Denver hält, was es in Reiseführern verspricht: Die Stadt mit rund 650.000 Einwohnern besticht durch ihre besondere Atmosphäre – hier scheint, den Vereinigten Staaten entsprechend, alles möglich! Etliche Jungunternehmer beleben hier die Gastronomie-Szene mit außergewöhnlichen Konzepten (ein Beispiel: mehrere kulinarische Richtungen unter einem Dach). Auch Fans der Bierkultur dürfen sich freuen: In Colorado entstehen unzählige Brauerei-Start-ups. In diesem Sinne: Prosit! Kein Wunder, dass sich so viele junge Männer hier, in der Stadt auf 2000 Metern Höhe, ein neues Zuhause gefunden haben.

 

Von Denver geht es weiter in die zweitgrößte Stadt Colorados – nach Colorado Springs. Hier spielt die Natur die Hauptrolle! Nur 45 Minuten Autofahrt entfernt, lässt sich in dem Ort die Schönheit der amerikanischen Landschaft erleben. Im Garden of the Gods Visitor & Nature Center befindet sich einer der bekanntesten Sandsteinfelsen des Landes, scheint der Koloss doch quasi auf nur einer winzigen Spitze zu schweben. Wer Acht gibt,  entdeckt zwischen den Felsen vielleicht auch das ein oder andere Murmeltier.

 

Wer in dem Park kein Glück hatte, weil sich jedes Tier gut versteckt hat, hat vielleicht in Pikes Peak Glück. Denn hier geht es ganz bis nach oben, rauf in – oder auf – die Rocky Mountains – und mit dem Mountainbike wieder hinunter. Etwa eine Stunde lang dauert die Fahrt vorbei an großen und kleinen Felsbrocken. Immer wieder muss die Gruppe stoppen; zu schön ist die Aussicht, als einfach den Berg hinunterzusausen. Einmal unten angekommen, muss aber auch niemand traurig sein: Hier bietet ein Holzhaus an einem unwirklich blau-türkisen See einen Rastplatz.

 

Weiter geht’s in die Sandwüste, und zwar zu nicht irgendeiner! Vielmehr handelt es sich bei den Great Sand Dunes um die mit 230 Metern höchsten Dünen der Vereinigten Staaten. Das Areal erstreckt sich über 80 Kilometer und bietet ein sagenhaftes Erlebnis: Wer möchte, kann die 12.000 Jahre alten Sandberge bis nach ganz oben hinaufklettern. Aber das ist gar nicht so einfach wie gedacht, rieselt doch jedes Sandkörnchen unter Bewegung gen Erdboden. Wer auf dem Campingplatz gleich neben den Dünen übernachtet, kann bei klarem Himmel ein außergewöhnliches Spektakel erleben: Das ganze Firmament leuchtet. Orte, an denen solche Nächte zu erleben sind, lassen sich in Deutschland wohl kaum noch finden.

 

Gleiches gilt für die heißen Quellen von Pagosa Springs. Einmal in die natürlichen Gewässer eingetaucht, sind Alltagsprobleme in Sekundenschnelle aus dem Bewusstsein verbannt. Auch wenn die Quellen etwas nach Schwefel riechen, ist ein Zwischenstopp in dem Ort auf jeden Fall lohnenswert. Allein, um die vielen Erlebnisse und Eindrücke der vergangenen Tage Revue passieren zu lassen.

 

Weiter geht’s zum nächsten Stopp – und hier lautet das Motto: Wilder Westen! Wer Cowboys, Pferde und Saloons mag, der wird Durango lieben. Die 17.000-Einwohner-Stadt könnte jederzeit Kulisse für einen John-Wayne-Film sein (doch dazu später mehr). Die Straßen sind hier natürlich geteert, und auch fahren Autos statt Kutschen. Doch das Gefühl längst vergangener Zeiten will bei historischen Holzhäusern einfach nicht weichen. Passend dazu fährt hier eine antike Schmalschureisenbahn mit Dampflok, die „Durango and Silverton Narrow Gauge Railroad“, durch die Rocky Mountains. Rund dreieinhalb Stunden dauert die Reise bis nach Silverton, einem noch kleineren Ort als Durango. Der Unterschied: In der 1870 gegründeten Stadt sind die Straßen tatsächlich noch wie im Westernfilm – staubig, schmutzig, eben so, wie es bei John Wayne und Kollegen sein soll. Nur Heuballen rollen nicht über die Wege. Obwohl das bei rund 600 Einwohnern nicht verwunderlich wäre.

 

Mit einem offenen Jeep geht es bei Wetter, das mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein werbetauglich ist, ins Gelände. Vorbei an Geisterstädten mit heruntergekommenen Holzhäusern sowie längst verlassenen Bergwerksstätten, geht es ganz hoch hinauf in die Rockies. Was für ein Panorama! Kilometerweit erstreckt sich die Gebirgskette über das Land. Auf 14.000 Fuß, also etwa 4000 Metern Höhe, sind die anfänglichen 40 Grad aber leider schnell vergessen. Hier pustet es ganz schön! Aber das ist es wert. Ein solcher Ausblick lässt sich sonst nur im Fernsehen finden.

 

Nach rund viereinhalb Stunden Fahrt kommen wir in Ouray an, einem abermals beschaulichen Ort mit  rund 1000 Einwohnern. Die Hauptstraße ist so lang wie manches Haus in Berlin, doch es gibt alles, was der zufriedene Amerikaner zum Leben braucht: ein Hotel, mehrere Motels, Restaurants, eine Brauerei sowie (unter anderen) ein Geschäft für Hauswaren und eines für Süßigkeiten. Und das war noch nicht alles. Denn in Ouray ereignet sich im Winter nicht nur ein landesweit bekannter Eiskletter-Wettbewerb, sondern es finden sich auch etliche natürliche Quellen in der Ortschaft. In diesen lässt es sich nach einer Wanderung durch die Rockies wunderbar entspannen.

 

Und so geht es am nächsten Tag  tiefenentspannt weiter nach Ridgway. Hier kommen wir wieder zu John Wayne: In dem Ort, an dem es 300 Sonnentage gibt, drehte der Schauspieler 1969 seinen Film „True Grit“. Einige Häuser der Original-Kulisse sind sogar noch vorhanden, ebenso wie etliche Requisiten. Diese lassen sich im „True Grit Café“ bestaunen. Und wer möchte, kauft sich im Laden nebenan einen Cowboyhut. (PS. In diesem Ort werden auch die Statuen für den wichtigsten Musikpreis der Welt, die „Grammys“, gefertigt.)

 

Für den nächsten Halt der Tour, Salida, ist der Cowboyhut dann aber doch eher ungeeignet. Es geht nach einer Nacht im großartigen „Palace Hotel“ in Downtown zum Zip-lining! Nichts für Menschen mit Höhenangst, aber für allen anderen ein großer Spaß. An einem Stahlseil befestigt, "fliegt" der Wagemutige über eine Schlucht, die schnell 20 Meter in die Tiefe gehen kann. Gänsehaut pur.

 

Letzter Halt ist Boulder. In einer der größten Städte Colorados dreht sich nicht alles, aber doch eine ganze Menge um die Universität. In keinem Ort der USA leben so viele Doktoranden wie in Boulder. Etwas Abwechslung vom Studienalltag bieten hier zahlreiche Destillerien und Brauereien, etwa die Avery, die mit fast 20 verschiedenen Sorten des Hefegetränks aufwartet. Ein Besuch der Brauerei lohnt sich auch für diejenigen, die sonst lieber zu Wein oder Antialkoholischem greifen.  

 

Und: Ein (Alkohol-)Rausch ist möglich, aber gar nicht unbedingt nötig. Denn wer Colorado einmal erlebt hat, befindet sich sowieso in einem berauschenden Zustand. Selbst probieren unbedingt empfohlen.

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